Die Osteologie als Lehre des Knochens beschreibt alle Vorgänge im und um den Knochen. In der Mehrzahl der Probleme geht es um Störungen des Aufbaus und der Festigkeit mit dadurch verbundener erhöhter Knochenbruchneigung. Somit ist die Osteoporose das wichtigste Thema innerhalb der Osteologie.
Für diejenigen, die sich als Nicht-Mediziner mit dem Thema näher beschäftigen wollen, sei als Einstieg http://de.wikipedia.org/wiki/Osteoporose empfohlen.
Wer sich als betroffene Patient tiefer mit Osteoporose beschäftigen möchte, sei die neue Patientenleitlinie des Dachverbandes der osteologischen Fachgesellschaften (DVO) Tool zur Risikoabschätzung empfohlen: http://www.dv-osteologie.org/patienteninfo.
Auch der Bundesverband der Osteologischen Selbshilfegruppen http://www.osteoporose-deutschland.de/ kann wertvolle Informationen für Betroffene geben.
Wer sich hingegen beruflich mit Osteoporose beschäftigt, kommt nicht umhin, die neue Leitline S3 Leitlinie 2009 Osteoporose von Anfang bis Ende zu lesen. Die (noch nicht beschlossene) Neuauflage der S3 Leitlinie 2014 Osteologie steht auf der DVO Homepage seit einigen Wochen zur Diskussion bereit.
Hier vielleicht
zunächst einige mehr philosophische Bemerkungen:
Bei der Beschreibung
der Ziele der Osteologie fällt auf, dass die Beschreibung des Sinnes der
Maßnahmen noch einer weiteren kleineren Erläuterung bedarf. Bei vielen anderen
Erkrankungen wird unterschieden in Behandlung eines bereits eingetretenen
Problems oder der Versuch der Vermeidung einer Verschlimmerung bei bereits eingetretener Krankheit. In einigen Fällen
geht es auch um die grundsätzliche Vermeidung einer Erkrankung beim Vorliegen
eines Gefährdungspotenzials. In den
meisten Fällen in der Medizin kann das Problem relativ gut umrissen werden.
Die Erklärungen, worüber man sich in der Osteologie
unterhält, erscheinen im Ansatz sehr einfach, Erkrankungen des Knochens im
Allgemeinen und im Speziellen. Der Sinn dieser Bemerkungen ist erst auf den 2. Blick wirklich spannend.
Dies liegt unter anderem daran, dass die Stoffwechsellage des Knochens von
außen eher als statisch wahrgenommen wird und nicht als hochdynamisch.
Die wichtigste Erkrankung innerhalb der Osteologie ist
zweifelsohne die Osteoporose. Doch was beschreibt eigentlich Osteoporose? Ein
Zustand, vielleicht. Eine Gefahr, sich einen oder einen weiteren Knochen zu
brechen, sicherlich. Aber wie beschreibt man Gefahr? Ab wann liegt wirklich
eine Gefährdung vor? Schwierig. Die grundsätzliche Überlegung geht in eine
ähnliche Richtung wie bei der Abschätzung der Notwendigkeit der Behandlung der
koronaren Herzkrankheit zur Vermeidung eines Herzinfarktes. Die New York Heart
Association hat ein dreißigprozentiges Risiko innerhalb von 10 Jahren einen
Herzinfarkt zu erleiden, als ein so hohes Risiko angesehen, dass eine
Behandlung unumgänglich ist. Diese Risikoabschätzung wird in ähnlicher Weise in
der Osteologie übernommen. Ab einem 20 % Risiko, innerhalb von 10 Jahren einen
Wirbelbruch oder eine Schenkelhalsfraktur zu erleiden, wird eine Behandlung
empfohlen, ab einem 40-prozentigen Risiko gilt die Behandlung als eigentlich
zwingend erforderlich.
D.h., wir haben es in der Osteologie mit einer Vermeidungsstrategie
von Knochenbrüchen zu tun. Bei der Behandlung kann daher aber nicht nur um die
Verbesserung der Struktur oder allgemein der Knochenqualität gehen, sondern eigentlich auch um die Frage, wie man
die Umstände, die zu einem Sturz oder einer Spontanfraktur führen können,
vermindern kann. Es geht also um die
Frage nach Kraft, nach Konzentration, nach Koordination, nach Beweglichkeit,
nach der Möglichkeit exakt zu sehen und zu hören und eben nicht zu stolpern.
Diese letztgenannten Eigenschaften lassen sich aber gerade im Zusammenhang mit
Osteoporose nur ganz schwierig messen. Allein schon die Beschreibung ist sehr
kompliziert und wird von vielen Orten unterschiedlich gesehen. Es handelt sich
um Aspekte des Älterwerdens im Allgemeinen und um einzelne Aspekte, die
besonders vielleicht mit dem Begriff der Hinfälligkeit beschrieben werden
könnten.
Zusätzlich kommen natürlich auch Ernährungsprobleme und
Probleme mit der Versorgung mit Vitamin D mit in die Diskussion. Wie viel
Vitamin D braucht der Mensch? Welche Nahrungsmittel können wir anbieten oder
empfehlen? Wie viel Kalzium braucht der Mensch? Eigentlich einfache Fragen, die
man unkompliziert beantworten können sollte. Die tägliche Diskussion allein
schon um die Frage, wie hoch die Calciummenge, die man täglich zu sich nimmt,
sein sollte, zeigt die Tragweite des ganzen Problems.
Bereits nur diese
wenigen Hinweise können zeigen, dass je nach Sichtweise die Osteologie
schon eine sehr integrative Fachrichtung darstellt. Nicht nur die Orthopädie,
die sich mit dem Haltung und Bewegungsapparat beschäftigt, nicht nur die
Traumatologie bei der Frage der Behandlung von Verletzungsfolgen, nicht nur die
Innere Medizin , Nephrologie und Endokrinologie zur Frage der von Kalzium-
Stoffwechsel und Vitamin D, nicht nur die Augenheilkunde, wenn es um die Frage
von Brillenversorgung geht, nicht nur die HNO Heilkunde, wenn es um die Frage
von Hören und Gleichgewicht geht, nicht nur die Neurologie, wenn es um die
Frage von Koordination und Raumgefühl geht, sondern auch weitere Aspekte von
einfachen Raumgestaltungen, wie lose Teppiche und ungünstige Stolperfallen
innerhalb der Wohnung bis hin zur Frage der Gestaltung des öffentlichen Raumes
mit mehr oder weniger barrierefreier Ausgestaltung lassen sich beliebig lange diskutieren. Die Liste lässt sich relativ
weit fortsetzen. Radiologen,
Labormediziner, Orthopädietechniker, Krankengymnasten und Hersteller von
operativen Hilfsmitteln und Implantaten zur Korrektur osteologischer Probleme
müssen oftmals schon in die Planung mit einbezogen werden.
Dies alles zeigt, dass Osteologie vielleicht doch etwas mit
dem wahren Leben zu tun hat und dass der Osteologe oder auch die Osteologin in ihrer Beurteilung
des einzelnen Patienten und seines Umfeldes schon hausärztliche Züge annehmen
muss. Daher verwundert es nicht, dass es eine große Zahl engagierter Hausärzte
gibt, die sich in der Osteologie sehr weit eingebracht haben und die Osteologie sehr
weit nach vorne gebracht haben.
Es geht also um Kosten und Kostenträger, um Lebensdauer und
Lebensqualität, um Selbstbestimmung und die Frage nach äußerer Hilfe.
Dies alles lässt sich natürlich nicht auf eine einmal
wöchentliche Tablette auf einem rosa Rezept reduzieren. Vielmehr müssen wir uns
die Probleme des Patienten zu eigen machen und versuchen, so weit unsere
Möglichkeiten gehen, einen positiven Einfluss auf den Patienten und dessen
Lebensgestaltung zu nehmen. All dies setzt Gespräche und Verständnis auf beiden
Seiten voraus. Das Zuhören und das Erklären, das Zuhörenwollen und das Erklärtbekommenwollen, der Wunsch nach Unterstützung, aktiv oder
passiv, stellen dabei zentrale Punkte dar.
Der Streit um den besten Weg ist ein ganz
komplizierter. Bei einer durchschnittlichen Dauer der vollständigen
Neugestaltung des Knochens von mehr als 10 Jahren sind alle Fragen rund um den
Knochen nichts für Hektiker. Wir
brauchen große Statistiken, die uns darlegen könnten, wie unsere Therapie und
unsere Ideen sich auf das Wohl und Wehe unserer Patienten auswirken. Wir
brauchen lange lange Beobachtungszeiträume. Somit brauchen wir in der Summe
auch eine valide Datenbasis, aus der wir unsere Erkenntnisse ableiten können.
Hierfür hat sich das osteodb
Osteoporoseregister hervorragend entwickelt. Es stellt das Rückgrad der
IV Verträge aus nahezu allen Bundesländern dar. Der DVO hat dies Register zur
Grundlage der Versorgungsforschung im deutschsprachigen Raum erklärt.
Somit möchten wir alle Kollegen aus allen Fachbereichen und den assoziierten Bereichen einladen, gemeinsam die Therapie unserer Patienten zu planen und durchzuführen. Jede Fachrichtung und jede technische und personelle Unterstützung sollte hierbei ihr Spezialwissen und ihre speziellen Fähigkeiten mitbringen.